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4 Aktuelle Fakten zur Photovoltaik in Deutschland

Fakt 1: Photovoltaik liefert relevante Beiträge zur Stromversorgung

Im Jahr 2020 deckte die PV nach ersten Hochrechnungen mit einer Stromerzeugung von 50 TWh [BDEW3] 9,3% des Brutto-Stromverbrauchs in Deutschland, alle Erneuerbaren Energien (EE) kamen zusammen auf 46%. Der Brutto-Stromverbrauch schließt Netz-, Speicher- und Eigenverbrauchsverluste ein (Abschnitt 24.8). An sonnigen Tagen kann PV-Strom zeitweise über zwei Drittel unseres momentanen Stromverbrauchs decken. Ende 2020 waren in Deutschland PV-Module mit einer Nennleistung von 54 GW installiert [ISE4], verteilt auf 2 Mio. Anlagen [BSW1].

Fakt 2: Kleine PV-Anlagen können attraktive Renditen bringen

Grundsätzlich können kleine PV-Anlagen Erträge sowohl über die EEG-Vergütung für Einspeisung in das Stromnetz als auch über die Verringerung des Strombezugs dank Eigenverbrauch bringen. Aufgrund der stark gesunkenen Preise für PV-Module sind attraktive Renditen möglich. Das Solar Cluster Baden-Württemberg hat für kleine Anlagen ohne Batteriespeicher und mit Eigenverbrauchsanteil um 25% Renditen bis 5% abgeschätzt [SCBW].

Eigenverbrauch lohnt umso mehr, je größer die Differenz zwischen den Bezugskosten für Strom und den Stromgestehungskosten der PV-Anlage ausfällt. Bei Systemen ohne Speicher hängt das Eigenverbrauchspotenzial von der Koinzidenz zwischen Erzeugungs- und Verbrauchsprofil ab. Haushalte erreichen abhängig von der Anlagengrößen 20-40% bezogen auf den erzeugten Strom [Quasch]. Größere Anlagen erhöhen den Deckungsgrad des gesamten Strombedarfs mit PV-Strom, verringern jedoch den Eigenverbrauchsanteil. Gewerbliche oder industrielle Verbraucher erreichen besonders dann hohe Eigenverbrauchswerte, wenn ihr Verbrauchsprofil am Wochenende nicht wesentlich einbricht (bspw. Kühlhäuser, Hotels und Gaststätten, Krankenhäuser, Serverzentren, Einzelhandel). Energiespeicher- und Transformationstechnologien bieten erhebliche Potenziale zur Steigerung des Eigenverbrauchs.

Der Ertrag einer Anlage fällt in sonnenreichen Regionen höher aus. Tatsächlich überträgt sich der regionale Unterschied in der Jahressumme der Einstrahlung nicht 1:1 auf den spezifischen Ertrag, weil bspw. auch die Betriebstemperatur der Module, Verschmutzungseffekte oder die Dauer der Schneeauflage eine Rolle spielen.

Fakt 3: Wir benötigen eine PV-Produktion in Deutschland

Mit fortschreitender Energiewende wird Deutschland das „fossile“ Jahrhundert hinter sich lassen, ein Jahrhundert, in dem wir jährlich bis zu 90 Mrd. Euro für Öl- und Gasimporte ausgeben. Die Preise dieser Importe werden von Kartellen beeinflusst, die Erträge finanzieren zu einem großen Teil autoritäre Regimes und häufig fallen neben den monetären auch politische Kosten an.

Die Energiewende bietet eine historische Chance, aus dieser ökonomischen und politischen Abhängigkeit auszusteigen: die Sonne scheint auch in Deutschland, Rohstoffe für die PV-Produktion sind verfügbar und Technologien zur solaren Stromerzeugung wurden in Deutschland maßgeblich mitentwickelt. Der deutsche PV-Sektor mit seinen Materialherstellern, dem Maschinenbau, den Komponentenherstellern, den F&E-Einrichtungen und der Lehre nimmt trotz des gebremsten nationalen Ausbaus weltweit immer noch eine Spitzenposition ein. Ein auf Erneuerbare umgestelltes Energiesystem basiert u.a. auf ca. 400-500 GW installierte PV-Leistung. Für den Aufbau und zunehmend für die laufende Erneuerung dieses Anlagenparks sind jährliche Installationen von 12-15 GW erforderlich, entsprechend ca. 40 Mio. PV-Module zu Kosten von mehreren Mrd. Euro.

Eine PV-Produktion in Deutschland bietet langfristige Versorgungssicherheit bei hohen Öko- und Qualitätsstandards.

Fakt 4: In Deutschland gibt es genügend Flächen für PV

...Und zwar ohne nennenswerte Konflikte mit der Landwirtschaft.

Bei der Analyse von Potenzialen wird zwischen einem theoretischen, einem technischen und einem wirtschaftlich-praktischen bzw. umsetzbaren oder erschließbaren Potenzial unterschieden. Das theoretische Potenzial betrachtet die maximal mögliche Umsetzung einer Technologie auf Basis des gesamten Angebots (physikalische Überschlagsrechnung). Das technische Potenzial fällt geringer aus, weil es grundlegende technische Randbedingungen berücksichtigt (technische Überschlagsrechnung). Das wirtschaftlich-praktische Potenzial berücksichtigt alle relevanten Randbedingungen, insbesondere rechtliche (inkl. Naturschutz), ökonomische (inkl. Infrastruktur), soziologische (inkl. Akzeptanz), dazu bspw. konkurrierende Nutzung (bspw. Solarthermie und PV auf Dächern). Verschiedene Quellen ziehen etwas unterschiedliche Grenzen zwischen den Kategorien.

Eine Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur schätzt das Ausbaupotenzial an restriktionsfreien Freiflächen für PV auf 3164 km2 [BMVI]. Bei einem Flächenverbrauch von 1,4 ha/MWp nach aktuellem Stand der Technik [ZSW] bieten diese Flächen ein technisches Potenzial von 226 GWp. Die landwirtschaftlich genutzte Fläche in Deutschland betrug im Jahr 2017 rund 16,7 Millionen Hektar (theoretisches Potenzial). Mit Agri-Photovoltaik (APV) lassen sich Landwirtschaft und Stromproduktion auf derselben Fläche kombinieren (www.agri-pv.org).

Eine Reihe von Nutzpflanzen zeigen kaum Ertragseinbußen bei reduzierter Einstrahlung, andere profitieren sogar. Wird die aktuelle Anbaufläche dieser beiden Pflanzenklassen in Deutschland als technisches Potenzial angenommen, so entspricht dies einer Nennleistung von 1,7 TW. Weltweit wird APV bereits im GW-Maßstab genutzt. Die aktuell für den Energiepflanzenanbau genutzte Fläche  entspricht einem zusätzlichen technischen Potenzial von 700 GW PV-Nennleistung.Gebäudehüllen, d.h. Dächer und Fassaden, bieten ein technisches Potenzial von mindestens 900 GWp [Eggers]. Dabei wurden nur Flächen berücksichtigt, die mindestens 500kWh/(m2a) Einstrahlung empfangen. PV-Module können nicht nur auf bestehende Flach- oder Schrägdächer montiert werden, auch Produkte für die Gebäudeintegration (BIPV)sind kommerziell verfügbar. Dazu zählen PV-Dachziegel, PV-Dachfolien, Module für Kaltfassaden, Wärmedämm-Verbundsysteme (WDVS) mit PV, opake und transparente PV-Isoliergläser.

Der Braunkohletagebau hat in Deutschland eine Fläche von 1773 km2 [UBA4] zerstört,mehr als die dreifache Fläche des Bodensees (theoretisches Potenzial). Wird ein Viertel dieser Fläche geflutet und mit schwimmender PV (FPV, von „Floating PV“) belegt, so eröffnet sich ein technisches Potenzial von 55 GWp. Weltweit sind bereits über 1 GWp schwimmende PV-Anlagen installiert. Eine Studie des Umweltbundesamtes geht von 670 km2 versiegelten Siedlungsflächen aus[UBA], entsprechend 134 GWp an technischem Potenzial für PV-Installationen. Hierzu zählen baulich geprägte Siedlungsflächen, jedoch ohne Gebäudeflächen und ohne Verkehrsflächen wie Straße oder Schiene. Ein Teil dieser Fläche lässt sich mit PV-Modulen als Schattenspender überdachen oder mit speziellen, befahrbaren Modulen belegen (UPV,von „Urbaner PV“). Weiteres Potenzial im GW-Maßstab bieten Lärmschutzwände, ausgesuchte Verkehrsflächen, Gleiskörper (RIPV, von „Road Integrated PV“) und perspektivisch die Dächer von Elektrofahrzeugen (VIPV, von Vehicle Integrated PV“).

Welcher Teil des technischen Potenzials auch wirtschaftlich und praktisch nutzbar ist, hängt von komplexen ökonomischen, regulativen und technischen Randbedingungen ab, hinzu kommen Fragen der Akzeptanz. Grundsätzlich wird integrierte PV, die mit der Hülle von Gebäuden, Verkehrswegen und Fahrzeugen verschmilzt, Flächen gemeinsam mit der Landwirtschaft nutzt oder Wasserflächen in gefluteten Tagebauen belegt, etwas höhere Stromgestehungskosten aufweisen als einfache Freiflächen-Kraftwerke. Dafür meidet integrierte PV Nutzungskonflikte und schafft Synergien, indem sie bspw. eine Gebäudefassade ersetzt, die Unterkonstruktion einer Lärmschutzwand nutzt oder die Reichweite von E-Fahrzeugen erhöht.

Quelle: ISE Fraunhofer-Institut für solare Energiesysteme [PDF]